Kunst: Mwangi Hutter auf der Biennale von Venedig
Körper verschmelzen zum Klang der Musik
Er ist schwer zu finden, eine kleine Odyssee durch Venedig war nötig, um auf der Giudecca den Kenianischen Pavillon zu finden, in dem die Ludwigshafener Künstler Mwangi Hutter bis November auf der Biennale von Venedig ausstellen. Die schmale Insel, die am Canale della Giudecca liegt und ihren Namen vermutlich wegen der dort im Mittelalter ansässigen Juden erhielt oder wegen der Gerbereien (übersetzt "Zudeca"), die ab dem 13. Jahrhundert ebenfalls dort ansässig waren. Auf jeden Fall beherbergt die schmale Insel nicht nur großartige Kirchen wie "Il Redentore" (der Erlöser, Votivkirche, Grundsteinlegung 1577) von Andrea Palladio, sondern auch die nach ihm benannte Scuola Palladio, eine Elementarschule, in deren zweitem Stock der Kenianische Pavillon beherbergt ist.
Fünf weitere Künstler stellen hier aus, kuratiert von Jimmy Ogonga aus Kenia, mit dem Mwangi Hutter schon lange verbunden sind. Unter dem Titel "Another Country" zeigen Arlene Wandera, Paul Onditi , Peterson Kamwathi und Richard Kimathi ihre Werke, die aber Ingrid Mwangi und Robert Hutter nicht das Wasser reichen können, zu beliebig und rückständig wirken ihre am Figürlichen orientierten Arbeiten. Mwangi Hutter hingegen haben in "Timequinox" (2017) einmal mehr das Blatt gewendet: Ihre Arbeit für den Kenianischen Pavillon unterscheidet sich von den uns bekannten Werken dadurch, dass die Malerei auf den Plan kommt, Fingertipps auf der Haut im Video. Die verschiedenfarbigen Tupfen lassen bewegte Oberflächen entstehen, die durch das Ineinanderblenden von verschiedenen Körpern verstärkt wird, die sich zur Musik von Ingrid Mwangi bewegen. Wir wissen es ja: Die Musik ist, wenn sie gefällt, mit das Ergreifendste, was die Kunst den Menschen zu geben hat. So treffen Ingrid Mwangis Gesänge - sie singt ja schon länger - auf die sich drehenden Körper, die vermutlich den verschiedenen Familienangehörigen gehören (die beiden haben ja vier Kinder, die teilweise schon erwachsen sind). Dieses Übereinander- und Ineinanderblenden der sich drehenden Gestalten mit Geräuschen, Stimme und Gesang löst eine eigentümliche Stimmung aus, die gerade hier völlig unerwartet ist. Rätselhaft und gleichzeitig verbindend, das Einzelne und das Ganze, Dunkel und Weiß, Zusammen und Allein.
Info: Venedig, Scuola Palladio, Giudecca, 373, bis 26. Nov. 2017, Mo-Fr 10-18 Uhr, Vaporettostation Palanca. Es empfiehlt sich, vor Ort im Internet nochmal zu überprüfen, wie die Öffnungszeiten sind.
© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 08.07.2017