Kunst: Kitty Kraus im Heidelberger Kunstverein

Voller Kraft und Poesie

Fast nichts, nur Texte und Glas, von allem wenig, alles sehr sparsam - und außerordentlich präzise. So präsentiert sich die 1976 in Heidelberg geborene, aber heute international tätige Künstlerin Kitty Kraus im Studio des Heidelberger Kunstvereins. Schon lange lebt sie in Berlin, wo sie an der Universität der Künste studierte und von dort aus in die Welt aufbrach, im Guggenheim in New York ausstellte, mehrere Kunstpreise erhielt und jetzt nominiert ist für den wichtigsten deutschen Preis für junge Kunst, den Preis der Nationalgalerie.

Zwei Räume, zwei Teile eines konzisen Werks: auf der einen Seite eine vielgestaltige Textarbeit, in Copy-and-paste-Technik aus dem Internet aus juristischen, medizinischen und literarischen Quellen zusammengesetzt, die um das Thema Kopf und Kapital (gemeinsame Wurzel: das lateinische caput) kreist. Bei näherer Betrachtung geht es um die Abtrennung des Kopfes vom Körper - die Enthauptung, durch alle Jahrhunderte mit allen Methoden. Kitty Kraus hat auch Philosophie studiert und liebt es, sich mit Texten zu beschäftigen. Und so wird aus vielen fremden Texten ein neuer mit dem Titel: "Dekaputkapitalisation", der kaum merklich auch das Recht des Staates zum Töten mitbehandelt. Fast malerisch sind die Textelemente angeordnet - bis zum "Ausbluten" der Druckerfarbe am Schluss...

Faszinierende Glasarbeiten

Dass bei dieser Arbeit der Autor fast völlig verschwindet, liegt ganz im Interesse der Künstlerin, die keinerlei Wert legt auf die Präsentation ihrer Person, des Künstlers als der "bessere" Mensch. Im anderen Teil des Studios befinden sich zwei Glasarbeiten, für die sie berühmt wurde: zerbrechlich, sehr präzise geschnitten und im Raum installiert, lassen sie die Anmutung an menschliche Körperumrisse zu, sind aber in ihrem Lineament fragmentarisch und in der Genauigkeit poetisch. Kitty Kraus findet so eine ganz eigene, fast konstruktivistische Sprache, die sich der Poesie anheim gibt.

© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 29. April 2011



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