Atelierbesuch: Die Mannheimer Künstler Maren Kaun und Alex Knüttel erfinden Comics und Handpuppen, etwa für das nächste Figurentheater-Projekt im TiG 7

Grosse Kaefer, kleine Wobbles

Doris Day und Rock Hudson, Verzeihung, Maren Kaun und Alex Knüttel öffnen die Tür, ganz normale Künstlermenschen, die die Welt mit Vergnügen täuschen, alles für den perfekten Fake tun und dabei freundlich lächeln! Spaß beiseite: Jeder, der im Frühjahr ihre Ausstellung "Brainflakes" in der Mannheimer Galerie Rozku gesehen hat, war überrascht über die Meisterschaft, mit der die beiden eine 50er Jahre-Welt schufen. Aber wie und warum machen sie das? Ein Atelierbesuch soll es klären.

Zunächst geht's in die Neckarstädter Altbauwohnung, die auch geprägt ist von einem dreijährigen Sohn, der gerade im Kindergarten steckt. Das 50er-Jahre-Wohnzimmer versprüht seinen eigenen Charme, ein prima Apparat dieser Jahre hängt im Flur, der sich als Stechuhr entpuppt, Skurrilität hier und dort. In der Küche dann zunächst die harten Fakten: Maren Kaun hat Figurentheater in Stuttgart studiert, war danach kurz an einem Puppentheater im Osten engagiert - "da gibt es einfach mehr davon" - und ließ sich dann 2001 als freiberufliche Figurenspielerin nieder.

Sie hat gut zu tun, im gesamten deutschsprachigen Raum, aber auch auf Gastspielen in ganz Europa. Sie erhielt etliche Stipendien und Preise für ihre Arbeit und feiert nächstes Jahr zehnjähriges Bühnenjubiläum. Auch der gebürtige Mannheimer Alex Knüttel ist ziemlich erfolgreich. Seit 1988 ist er Comic-Zeichner und Illustrator, nicht zuletzt für das legendäre MAD-Magazin. Sein Mannheim-Comic "Der Held" über einen Verlierertypen namens Kurt Haase mit Batman-Aktivitäten fand reißenden Absatz.

Alex Knüttel hatte auch die Idee zu der fiktiven Zeichentrickfilmserie "Do you know the Wobbles", die über eine amerikanische Familie am Rande eines Atomtestgebiets berichtet und Teil der Rozku-Galerieausstellung war. Die beiden bauten mit aller Liebe zum Detail das Leben der "Wobbles" nach. Sie wollten damals etwas machen, "was die Leute glauben, aber nicht nachprüfen können". Lustig ist es zu hören, wie die ganzen Gegenstände - Kaugummiautomaten, Kinderspielzeug, Handpuppen - auf alt getrimmt wurden, denn sie sehen so echt aus, dass man ihnen ein Alter von 50 Jahren sofort abnimmt. Die perfekten Nach- und Umbauten aus Plastik, Latex, Gips oder Pappe wurden, wie die beiden kichernd berichten, mit Tomatenmark, Salatöl oder Kaffeesatz beschmiert, dazu mussten sie aber erst mal "die Hemmungen verlieren".

Ihr neuestes Projekt haben sie gerade in Arbeit, ein Figurentheaterstück zu Franz Kafkas "Verwandlung" am Mannheimer Theater in G 7. Geplant ist dazu auch eine Ausstellung. Maren Kaun fertigt im orange gestrichenen Atelier der beiden im heißen Dachgeschoss die unglaublichsten Mischungen aus kakerlakenähnlichen Menschlein aus Ton an, die später in Silikon abgegossen werden. Sie wird sie dann auch auf der Bühne spielen. Alex Knüttel ist für die Ausstellung im Vorraum zuständig, in der die Zwischenformen der Figuren zu bewundern sein werden. Mittlerweile wird es richtig heiß unter dem Dach, im Sommer sei die Arbeit ohne Ventilatoren gar nicht machbar, wie Knüttel erzählt, der hier auch noch seinen Zeichentisch mit starken Lampen stehen hat. Zeit zu gehen und auf die Premiere zu warten!

© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 23. Juli 2009



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