Kunst: Barbara Hindahl im Viernheimer Kunstverein
Universum aus Schrott
Da möchte man eigentlich Kunst betrachten und stolpert erst mal über jede Menge Schrott. Aber dann sieht man an den Wänden und der Decke systematisch angeordnete Klebestreifen und weiß sofort, dass man im Paralleluniversum von Barbara Hindahl gelandet ist. Denn die 1960 geborene Absolventin der Akademie in Karlsruhe und Kunsthistorikerin arbeitet seit 1997 mit diesem eher in Autowerkstätten gängigen Material, das eigentlich ganz kunstfern ist. Dafür hat sie den richtigen Standpunkt wieder eingeführt, wie ihn die Kunstgeschichte kennt, vor allem in der illusionistischen Deckenmalerei: erst an einem bestimmten Punkt setzt sich das Gesehene richtig zusammen.
Video formt den Raum
Mittlerweile arbeitet die auch international tätige Künstlerin zudem mit Video und hat das ehrwürdige Kellergewölbe des Viernheimer Kunstvereins in das Innere eines Druckers verwandelt. Der Blick von der Treppe hinab in den Raum wirkt ganz eigentümlich sakral, und das, obwohl laute Druckgeräusche zu hören sind und man meint, Angela Merkel Monsieur Sarkozy umarmen zu sehen. Die Arbeit heißt "dpi" (dots per inch, also Punkte pro Zoll), was eigentlich das Maß für die Bildauflösung elektronischer Bilddateien ist. Hierbei interessieren die Künstlerin vor allem zwei Zeichen, der längere vertikale Strich und der kürzere horizontale, aus denen sich die Bilder zusammensetzen. Und wir schauen von oben in den Drucker hinein und somit der Bildgenerierung zu. Dabei begegnen uns brennende Kriegsschauplätze, nackte Schöne und Islamisten. Das alles ist sehr aufregend, ungewöhnlich und auf brutale Weise schön.
© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 30. Juni 2008