AUSSTELLUNG: "Friendly Fire" in der Pfalzgalerie Kaiserslautern zu sehen
Absurdität, Pathos und Witz
In der etwas biederen Pfalzgalerie Kaiserslautern tun sich derzeit
erstaunliche Dinge. Gut 73 Radios spielen laut einen einzigen Sender,
Flugzeuge kuscheln sich aneinander, ein Aquarellfarbkasten wird
minutiös von jeglicher Farbe gereinigt, kurzum: Alles ist
außerordentlich absurd. Leonhard Emmerling, einst Volontär an der
Pfalzgalerie und demnächst künstlerischer Leiter des Ludwigsburger
Kunstvereins, hat sich die Schau "Friendly Fire" ausgedacht, die witzig
und zugleich pathetisch Unsinn und Paradox nachgeht.
"Friendly Fire", ein Terminus aus der Militärsprache, bezeichnet das
versehentliche Abfeuern und Töten eigener Verbände. Diesem
unerträglichen Euphemismus, beschönigend und zynisch zugleich, geht
Emmerling auf allen Ebenen nach: Der Titel ist eine Metapher für
alltägliche Paradoxien, Absurditäten und Verfehlungen, kein einziges
der präsentierten Werke hat direkt etwas mit Krieg zu tun. So zeigt uns
Stefan Demary aus Deutschland in seinem Video die traurige, obsessive
Reinigung und damit Entleerung eines Aquarellkastens mit Hilfe von
Wasser und verschiedenen Bürstenarten. Die fließenden Farbströme
berühren durch ihre Schönheit und erhöhen so umso mehr den Widersinn
der Aktion.
Der Ire Euan Macdonald lässt ein Auto an einer
Wand gleichzeitig bremsen und Vollgas geben, was ganz unspektakulär den
Stillstand repräsentiert, der allen Fahrzeugen per se innewohnt, wenn
man dem französischen Philosophen Paul Virilio glauben möchte. Eine
ganz andere Variante zum Thema Auto hat der Australier Ben Morieson
verwirklicht: Er ließ auf abgesperrtem Gelände versierte Fahrer mit
gezieltem Bremsen Zeichnungen auf Asphalt machen. Auf den Aufnahmen von
oben korrespondieren die Linien aus Bremsspuren sehr malerisch mit den
Autofarben (Mint, Rosa).
Von dem Schweizer Roman Signer ist das ergreifende Schwirren eines
Modellhubschraubers in einer Kiste zu sehen. Wie der Kampf einer Wespe
im Glas wirkt das sinnlose Anstoßen und immer wieder Abheben des
kleinen Fliegers. Vollends widersinnig mutet die Maschine zur
Zerstörung eines Lieblingsgegenstandes an, die sich der Schweizer Max
Grüter ausgedacht hat: Eine große Ramme dient ausschließlich dazu, den
wichtigen Gegenstand eines Besuchers unter heftigen
Sicherheitsvorkehrungen wie Schutzmantel und -brille, Anmeldung sowie
Unterschrift unter Bewachung durch das Museumspersonal zu atomisieren.
Absurd ist der Aufwand, absurd schon die Idee: Wer trennt sich denn
wirklich von einem Lieblingsgegenstand, nur um zu sehen, wie er
zerstört wird?
Pfalzgalerie Kaiserslautern, Museumsplatz 1, bis 14. März, Di 11-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr.
© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 22.01.2004